Geschichte

Entdecken Sie den Jungendstil rund um den Globus

Von Simone | 16t. Juni 2020


Art nouveau wurde im späten 19. Jahrhundert groß und zog sich fort bis ins frühe 20. Jahrhundert. Diese Kunstform versuchte, den stoischen Charakter der bisherigen Kunst des Historismus und dessen Hierarchie aufzuheben, in der Skulpturen und Gemälde der Standard waren. Der Mix starker, auffälliger Farben verschwand und es kamen leichte, gedämpfte Schattierungen und lineare Konturen hinzu, welche an Blumenstängel erinnern ließen. Diese neue Kunstform verbreitete sich weltweit als neuer Stil und hatte auf alle Kunstformen großen Einfluss: von der Innenarchitektur bis zu großen Architekturbauten- und jedes Land fügte seine eigenen, einzigartigen Merkmale hinzu.

Großbritannien

Im globalen Kontext wird der Jugendstil Art Nouveau genannt, und das obwohl die Wurzeln dieses allumfassenden Kunststils eigentlich nicht im Französischen liegen. Die britische Arts & Crafts-Bewegung ließ sich bereits in den 1880er Jahren stark von der Natur inspirieren und legte damit den Grundstein für Art nouveau. Zu den wichtigsten Einflussgeber*innen dieser Zeit gehörte der Grafikdesigner Aubrey Beardsley. Seine Verwendung von geschwungenen und fließenden Linien wurde zu einem der am stärksten wiedererkennbaren Merkmale des Art nouveau.

Zu den wichtigen Art nouveau-Designern aus Großbritannien gehörte ein Ehepaar: Margaret MacDonald war Malerin und Glaskünstlerin und ihr Mann Charles Mackintosh war Architekt. MacDonald und Mackintosh waren beide Mitglieder einer Gruppe namens "The Four", die der Glasgow School entstammt - einem Künstlerkollektiv, das von der Irischen Renaissance, der Arts & Crafts-Bewegung und dem Japonismus beeinflusst wurde. Vor allem durch diese Gruppe moderner Künstler*innen wurde Glasgow zum Zentrum des Art nouveau in Großbritannien.

Aubrey Beardsley - "The Peacock Skirt", Illustration für Oscar Wilde's Tragödie Salomé (1892)

Frankreich

Der internationale Name für Art Nouveau leitet sich von der Maison de l'Art Nouveau ab, einer von Siegfried Bing im Jahr 1895 gegründeten Kunstgalerie, die bei der Verbreitung des Stils eine Schlüsselrolle einnahm. Noch bedeutender war die Exposition Universelle, welche 1900 in Paris stattfand: eine Weltausstellung, um die Errungenschaften des vergangenen Jahrhunderts zu feiern und neue Zukunftsentwicklungen voranzutreiben.

Dieses Event war der Höhepunkt des Art nouveau: eine Reihe von französischen Designer*innen und viele andere prominente Kunsthandwerksfirmen aus der ganzen Welt standen im Rampenlicht und machten Paris zur Hauptstadt der Bewegung. Ganze Gebäude wurden im Art nouveau entworfen, vor allem von Jules Lavirotte und Henri Sauvage. Glasvasen und Lampen wurden von Emile Gallé gefertigt, Louis Majorelle baute anmutige Möbel und die Brüder Daum zeichneten sich durch besonderes Glasdesign aus. Neue Zeitschriften wie The Studio und Arts et Idées wurden aufgebaut und verbreiteten den Stil in der ganzen Welt.


Deutschland

Der deutsche Jugendstil verbreitete sich über die Kunstzeitschrift Die Jugend. Zusammen mit den Heften Simplicissimus und Pan war „Die Jugend“ eines der Magazine, die den Stil in Deutschland förderten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Begriff Jugendstil nur für zweidimensionale Formen der Grafikkunst, vor allem Typografie und Grafikdesign, verwendet. Heute wird er aber auch zur Verbildlichung des Jugendstils in Deutschland, den Niederlanden, den baltischen Staaten und den nordischen Ländern im Allgemeinen verwendet.

Ein wichtiges Merkmal des Jugendstils ist die Kombination aus Buchstaben und Bildern, die zu einem künstlerischen Ganzen gestaltet wurden. Die Designer*innen verwendeten oft einzigartige Schriften, die mit dem Bild harmonierten. Otto Eckman war einer der führenden deutscher Designer*innen, dessen Lieblingstier (der Schwan) zum Wahrzeichen des Jugendstils wurde.

Joseph Sattler - Pan Titelseite

USA

In den USA war der Glasdesigner Louis Comfort Tiffany einer der wichtigsten Botschafter*innen der Art nouveau. 1895 wurden seine Werke in der Art nouveau Galerie von Siegfried Bing ausgestellt und auf Wunsch von Thomas Edison begann dieser, elektrische Lampen mit bunten Glasschirmen herzustellen. Genau diese Tiffany-Lampe war es, die zu einem der bekanntesten Stücke des Art nouveau wurde. Die Handwerker*innen entwarfen aber auch Fenster, Vasen und andere Glaskunst. 


Italien

Inspiriert vom britischen Kaufhaus Liberty und dessen bunten Textilien, war der italienische Stile Liberty (oder auch Stile Floreale) eine Kombination aus Art nouveau und klassizistischen Elementen. Carlo Bugatti (nein, nicht der Autodesigner, sondern dessen Bruder) war einer der führenden Möbeldesigner*innen des Stile Liberty. Die exotischen Designs von Bugatti erstreckten sich über eine beeindruckende Bandbreite an Medien: von Textilien über Keramik bis hin zu Musikinstrumenten. Am bekanntesten ist er jedoch für seine innovativen Möbel, die sich durch bemerkenswerte Schlüssellochdesigns auszeichnen. Als architektonisches Beispiel des italienischen Art nouveau ist das Teatro Massimo in Palermo zu nennen, das von Ernesto Basile entworfen wurde.


Österreich

In Österreich entstand eine eigene Variante des Art nouveau: die Wiener Secession. Gustav Klimt, Koloman Moser, Josef Hoffmann, Joseph Maria Olbrich, Max Kurzweil und Otto Wagner waren die Gründer der Bewegung, wobei Klimt der Präsident und der bekannteste der Secessionsmaler war. Im Vergleich zum Art nouveau war der Secessionsstil femininer und weniger nationalistisch. Im vom Architekten Joseph Olbrich entworfenen Secessions-Gebäude, in dem Klimt und andere Secessions-Künstler*innen ihre Gemälde präsentierten, kam alles zusammen.

Gustav Klimt - Adele Bloch-Bauer I

Russland

In Russland gab es eine besonders farbenfrohe Variante des Art nouveau, die durch die Veröffentlichung der neuen Kunstzeitschrift Мир искусства (Die Welt der Kunst) bekannt wurde; gegründet von den Künstlern Alexandre Benois, Leon Bakst und Sergei Diaghilev. Im Gegensatz zum von der Natur inspirierten französischen Art nouveau, nutzten die russischen Künstler*innen vor allem die leuchtenden Farben und exotischen Entwürfe der russischen Folklore und Märchen als Inspiration.

Einer der einflussreichsten Beiträge des Magazins war die Gründung des Ballettensemble von Diaghilev: Ballets Russes. Ursprünglich wurden die Kostüme und Bühnenbilder von Benois und Bakst entworfen, später haben sich aber auch namhafte internationale Künstler*innen wie Pablo Picasso, Georges Braque, Henri Matisse, Joan Miró und Coco Chanel die Ehre gegeben. Die Balletttruppe trat eigentlich nie in Russland auf, sondern immer bei einer jährlichen Veranstaltung in Paris.

Hotel Metropol, Moskau, Russland, 1899-1907, Kunstwerk bei Vrubel, Golovin, Andreev

Lettland

Riga ist ein Beispiel für eine Stadt, in der sich die Art nouveau Architektur wirklich durchsetzen konnte. Nach der russischen Besetzung war die Stadt vom russischen Art nouveau geprägt, obwohl die lettischen Architekt*innen der Kunst eine eigene Note gaben. Wenn Sie die Stadt besuchen, können Sie davon ausgehen, dass mindestens ein Drittel aller Gebäude im Zentrum von Riga im Art nouveau gebaut sind, was sie zur Stadt mit der höchsten Konzentration solcher Gebäude weltweit macht.


Spanien

In Spanien manifestierte sich der Art nouveau auf eine andere Weise. Der spanische Modernismus ist vor allem durch die Werke von Antoni Gaudí bekannt, dessen Entwürfe der Casa Milà und der Casa Batlló dem Geist und den Idealen des Art nouveau am nächsten sind. Sein berühmtestes Bauwerk, die Sagrada Família, kontrastiert die Art nouveau-Tendenzen mit der neugotischen Erweckungsbewegung.


Skandinavien

In den nördlichen Ländern wurde Art nouveau oft mit dem nationalen romantischen Stil der einzelnen Länder kombiniert. In Norwegen war die Bewegung mit einer Wiederbelebung verbunden, die von der Volkskunst der Wikinger, von Designer*innen wie Lars Kisarvik und Gerard Munthe, inspiriert war.

Die norwegische Stadt Ålesund gilt heute als die Hauptstadt des Art nouveau in Skandinavien. Bei einem großen Brand im Jahr 1903 wurden 850 Häuser zerstört, Hilfe für den Wiederaufbau der Stadt kam aus aller Welt. Das gesamte Stadtgebiet wurde in nur drei Jahren von rund 50 norwegischen Architekt*innen neu geplant, was zu einer einzigartigen und unverwechselbaren lokalen Variante des Art nouveau führte.

In Finnland war der Stil etwas schlichter und funktionaler. Im von Eliel Saarinen entworfenen Hauptbahnhof Helsinki ist der Art nouveau wunderbar erkennbar, aber auch im finnischen Nationaltheater und dem finnischen Nationalmuseum.

Wikinger-Drachenkopfstuhl und Wandteppich von Gerhard Munthe, Norwegen (1898)

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