Über die folgenden Buttons können Sie Ihre Cookie-Einstellungen auswählen. Sie können Ihre bevorzugten Einstellungen ändern und Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen. Eine detaillierte Beschreibung aller Arten von Cookies, die wir und unsere Partner verwenden, finden Sie in unserer Cookie-Erklärung.
Von Simone | Aktualisiert am: 7. Juni 2021
Welche Whiskys liegen im Trend und welche sollte man vorerst stehen lassen? Jeroen Koetsier hat 20 Jahre Erfahrung und eine große Leidenschaft für das Thema. Als Whisky-Experte kann er erklären, was aktuell auf dem Whisky-Markt angesagt ist. Zudem hat er einige hilfreiche Ratschläge für neue Sammler parat.
Hallo Jeroen. Welche Trends siehst du derzeit auf dem Whisky-Mark?
Jeroen: Zunächst fällt mir auf, dass die Beliebtheit japanischer und irischer Brennereien noch immer anhält. Japanische Marken wie Chichibu und Hanyu stellen jeden Monat neue Rekorde auf. Nicht nur die Auktionserlöse überschlagen sich, auch die Preise für die neuen Sorten steigen stetig. Die irischen Brennereien profitieren wiederrum von unabhängigen Abfüllern, die in den letzten fünf Jahren viele hochwertige irische Whiskys auf den Markt gebracht haben. Dies hat zu einer höheren Nachfrage nach irischen Destillerie-Abfüllungen geführt.

Zudem hat sich der Fokus verschoben. Wo sich Brennereien früher vor allem auf die bestmögliche Whisky-Qualität konzentrierten, stehen heute stetig mehr die Vermarktung, Präsentation und Verpackung im Vordergrund. Eine positive Nachricht für die Hersteller, denn die meisten Brennereien haben derzeit gar nicht genügend gut gereifte Fässer in ihren Lagern. Statt des „12 Jahre alten Single Malt", der jahrzehntelang fester Bestandteil des Portfolios von Brennereien war, verkauft man heute den sogenannten NAS-Whisky (no age statement).
Auch die Nachfrage hat sich verändert. Viele Menschen suchen nicht nach einem Genusserlebnis. 4 von 5 neuen Sammlern sind Anleger und suchen nach Investitionsmöglichkeiten - viele davon trinken nicht einmal Whisky.
Der Biermarkt zeichnete sich in den letzten Jahren vor allem über kleine Hausbrauereien und Craft-Bier-Brauereien aus. Gibt es eine solche Entwicklung auch beim Whisky?
Jeroen: Man kann beide Produkte nicht wirklich gut vergleichen. Wer Whisky verkaufen möchte, hat es mit strengen Lizenzregeln zu tun und die permanente Gefahr, seinen Kunden ein gesundheitsschädliches Produkt zu verkaufen. Diese Tatsachen erschweren die Pionierarbeit auf unserem Markt, weshalb Garagen- oder Craft-Whiskys selten sind. Aber wir haben in den letzten zehn Jahren eine rasant steigende Zahl an Destillerien gesehen. Jede zweite Woche eröffnet eine Whisky-Brennerei, nicht nur in „Whisky-Ländern“ wie Großbritannien, den USA und Japan, sondern in so ziemlich jedem Land, das Sie sich vorstellen können.
Neue Brennereiprojekte reichen von kleinen, bodenständigen Start-ups wie der Dornoch Distillery und Strathearn bis hin zu Branchenriesen wie Roseisle oder der neuen Macallan Distillery, die mit einem Budget von 130 Millionen Pfund neben der alten Brennerei neu gebaut hat.

Bier-Liebhaber freuen sich über die vielen Craft-Biere, weil neue und einzigartige Geschmacksrichtungen auf den Markt kommen. Gibt es das auch beim Whisky?
Jeroen: Es stehen einem ja nicht so viele Zutaten wie beim Bier zur Verfügung: Gemälzte Gerste, Hefe und Wasser - das war’s. Deutsches Bier lassen wir mal außen vor. Zwar kann daraus eine große Vielfalt an Whisky-Aromen gewonnen werden, diese sind aber im Vergleich zum Bier sehr begrenzt. Nachdem die Spirituose die Destillieranlage verlassen hat, wird sie in Holzfässern gelagert. Und bei diesem Schritt, wird der Geschmack nochmal wesentlich beeinflusst. Verschiedene Fässer ergeben viele verschiedene Whisky-Stile, jeder mit seinen eigenen Eigenschaften. Neben der Reifung in vormaligen Sherry- oder Bourbon-Fässern gibt es Tausende von experimentellen Fässern und Fass-Finishes. Die Palette reicht von Grand-Cru-Bordeaux-Barriques bis zu alten Fässern, in dnen Hering eingelagert war.
In den letzten Jahren ist auch das alkoholfreie Bier immer beliebter geworden. Glaubst du, dass es in naher Zukunft eine Nachfrage nach alkoholfreiem Whisky geben wird?
Jeroen: „Bestimmt hat irgendjemand irgendwo ein Whisky-Etikett auf ein alkoholfreies Getränk geklebt hat... Aber nein, meines Wissens gibt es keinen Markt für alkoholfreien Whisky.“

Whiskyexperte Jeroen Koetsier glaubt nicht, dass es in naher Zukunft eine Nachfrage nach alkoholfreiem Whisky gibt.
Vielleicht noch eine ganz andere Frage. Gibt es Anzeichen dafür, dass der Klimawandel Auswirkungen auf den Whisky-Markt haben kann?
Jeroen: Der Klimawandel wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren nur geringe Auswirkungen auf den Whisky-Markt haben. In bestimmten Regionen reift Whisky durch höhere Temperaturen und/ oder Feuchtigkeit schneller und viele Brennereien nutzen eine natürliche Wasserquelle für ihre Produkte. Dadurch kann es sicherlich in Einzelfällen dazu kommen, dass einige Sorten irgendwann nicht mehr verfügbar sind. Aber natürlich werden die Brennereien auf diese Veränderungen frühzeitig reagieren. Beim Wein sieht das ganz anders aus. Zukünftig werden viele Weinsorten auf den Bergen irgendwann durch Rebsorten ersetzt werden müssen, die den höheren Temperaturen besser standhalten können. Die Auswirkungen auf den Whisky-Markt würde ich also als gering einschätzen.
Gibt es Neuerungen oder Entwicklungen auf dem Whisky-Markt, die dich besonders begeistern?
Jeroen: Das klingt ein bisschen wie eine Fangfrage. Mich persönlich begeistert alles, was mit dem Whisky-Markt zu tun hat. Eine Sache gibt es, die ich momentan besonders spannend finde. Derzeit werden häufig ganze Fässer angeboten, die auch von Privatpersonen gekauft werden können. So versuchen vor allem Start-up-Destillerien an frühe Investoren zu kommen, um ihren Betrieb zu finanzieren, bis ihre ersten Produkte fertig gereift sind. Und neben dem Verkauf ihrer Whiskys, verkaufen sie in den ersten Jahren auch häufig Gin und andere Spirituosen und Liköre.
Unsere letzte Frage, hast du einen Tipp für junge Whisky-Sammler?
Jeroen: Ich empfehle dem beginnenden Sammler, vor allem auf alte Flaschen zu setzen. Flaschen, die vor mindestens 5 Jahren abgefüllt wurden, der Inhalt kann natürlich älter sein. Meine Gründe dafür sind einfach. So ziemlich alle neuen limitierten Whiskys haben eine Auflage von 1.000 bis 10.000 Flaschen und sind damit keinesfalls selten. Das bedeutet, dass sie zu keinem Zeitpunkt knapp werden dürften. Darüber hinaus werden die meisten davon eh in Sammlungen landen, ohne je getrunken zu werden.
Und ganz unter uns: Viele davon sind gar nicht wirklich schmackhaft. In der Vergangenheit produzierten die meisten Brennereien bessere Whiskys. Sollte der Markt dann vielleicht mal einen Rückschlag erleiden, dann sollten Sie sich lieber die Flasche aus den 60er und 70er Jahren zu Gemüte führen, als die hübsche Flasche, die Sie letzte Woche bestellt haben und die in einer glänzenden Holzkiste geliefert wurde.
Und man sollte nicht vergessen, dass viele der neueren Whiskys bereits bei Veröffentlichung sehr teuer sind. Viele Importeure möchten ein möglichst großes Stück vom Kuchen. Eines der größten Argumente für höhere Preise ist, dass Sammler und Investoren den Whisky nach der Veröffentlichung auf dem Zweitmarkt handeln würden. Aus diesem Grund sind die potenziellen Preiserhöhungen in ihrem Verkaufspreis einkalkuliert, ähnlich wie es auch viele Händler tun. Aber die Einzigen, die von einer höheren Nachfrage profitieren sollten, sind natürlich die Destillerien selbst. Wenn Sie also anfangen, Whisky zu sammeln, gehen Sie am besten davon aus, dass die Hersteller ihre Preise stetig erhöhen werden.
____________________
Mehr entdecken zu Whisky | Wein | andere Liköre
Diese Stories könnten Ihnen auch gefallen: