Branchentrends

Vom Möchtegern zum Marktbeherrscher: der Aufstieg des japanischen Whiskys

Von Tom | 20. Februar 2020


Unter Whisky-Liebhabern sind Scotch und Bourbon die großen Säulen der Whisky-Welt und der Markt ist in fester Hand der irischen, schottischen und amerikanischen Hersteller. In den letzten Jahrzehnten jedoch kristallisierte sich ein weiteres Land als Whisky-Land heraus: Japan. Mit einem frischen Blick auf die beliebte Spirituose, spielt Japan inzwischen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Beliebtheit des Whiskys aus Fernost nimmt stetig zu und das, obwohl das ganze Thema dort noch sehr jung ist. Wie gelang es den Japanern, die althergebrachte Whisky-Welt so zu verändern? Unser Experte, Mark Dermul, teilt seine Gedanken mit uns.


„Eigentlich hatte niemand japanischen Whisky auf dem Radar. Bis er plötzlich eine prestigeträchtige, blinde Whisky-Verkostung in Schottland gewann", erklärt Mark. Wie man sich vorstellen kann, ein großer Tag für die Presse. Nach dem ersten Schock interessierten sich die Leute für japanischen Whisky und fanden heraus, wie gut er tatsächlich sein könnte.“ 

Fakt ist aber, dass Whisky in Japan eine viel längere Geschichte hinter sich hat. Es dauerte wesentlich länger, bis die westliche Whiskyindustrie ihn auf dem Schirm hatte. Bereits 1923 baute Shinjiro Torii die erste japanische Destillerie. Torii, der in Japan eigentlich mit portugiesischem Wein handelte, gründete mit dem Chemiker Masataka Taketsuru die heute etablierte Marke Suntory. Beide nahmen sich vor, Whisky für den komplexeren und delikaten japanischen Gaumen zu kreieren. Jedoch war Scotch damals immens populär, weshalb die frühen Produkte unter Japanern bestenfalls als bloße Nachmache echten schottischen Single Malts angesehen wurden. Die Ähnlichkeiten zum Scotch waren jedoch nicht zufällig. 



Die Yamazaki-Destillerie war die erste ihrer Art in Japan


„Nicht viele Menschen wissen, dass Masataka Taketsuru 1918 nach Schottland reiste, um dort die Universität zu besuchen, um in mehreren Brennereien- einschließlich Hazelburn- zu arbeiten und sich so die Tricks des Handwerks drauf schaffte", erklärt Mark. „Als Taketsuru 1923 mit seinem neu erworbenen Wissen nach Japan zurückkehrte, nahm Shinjiro Torii ihn unter seine Fittiche und beauftragte Taketsuru damit, die erste Whisky-Destillerie Japans zu bauen: Yamazaki. Später gründete er seine eigene Destillerie in Hokkaido, da er glaubte, dass das nördliche Klima dem schottischen ähnelt und der Whisky daher auch „schottischer“ sein würde".


Geschmack definieren


Bis es gelang, einen einzigartigen japanischen Whisky-Geschmack zu kreieren, gingen folglich Jahrzehnte ins Land. Die heutigen Sorten unterscheiden sich durchaus zu Whisky, der einfach nur in Japan destilliert, gereift und abgefüllt wurde. „Die meisten japanischen Destillerien haben die traditionelle Herstellungsmethode nachgeahmt; sie verwendeten Gerste, Kupferkessel, ehemalige Bourbon- und Sherryfässer zur Reifung und produzierten so Malts, die dem Scotch recht ähnlich sind. Häufig wird auch der Torf aus Schottland importiert", sagt Mark. Aber es gibt auch Nuancen. „Der Umstand, dass manchmal japanische Eiche (Mizunara) für die Veredelung verwendet wird (nicht so sehr für die Reifung, da die Gefahr des Auslaufens bei diesem Holz einfach zu groß ist), verleiht ihm einen ausgeprägten Charakter. Aber auch das unterschiedliche Klima sorgt für einen anderen Geschmack".


Ein weiterer Unterschied ist der hauseigene Verschnitt, der in japanischen Brennereien stattfindet. Um Blended Whisky zu erzeugen, tauschen schottische Destillerien im Wesentlichen verschiedene Sorten miteinander aus. Japanische Brennereien hingegen mischen verschiedene Whiskeys, Hefen und manchmal auch Torf, um einen eigenen Geschmack zu etablieren. Dabei kann der kulturelle Ethos und der Geist, der in die Herstellung von Whisky einfließt, nicht von der Hand gewiesen werden. Blended Scotch gilt als das Arbeitspferd des schottischen Whiskys. Aber für die Japaner ist ein Blended Whisky mindestens genauso hoch im Kurs, wie ein Single Malt. „Es gibt einen ungeschliffenen Ansatz für Handwerk und Verarbeitung – viele der Blended Whiskys sind so gemacht, damit man mit ihnen japanische Drinks wie Highballs veredeln kann", sagt Mark. 


Wachsende Nachfrage


Suntory hat einen Aufschwung erlebt und Japan eine eigene Nachkriegs-Whisky-Welle erlebt. Laut Mark hat dies dazu beigetragen, dass das Land und Ostasien zu einer der wichtigsten Drehscheiben für Whisky wurde. „Suntory (gegründet von Shinjiro Torii) und Nikka (gegründet von Masataka Taketsuru) sind noch immer die beiden wichtigsten Akteure auf dem Markt. Tatsächlich sind ihre Produkte so beliebt, dass beide Unternehmen mitteilen mussten, dass die Lagerbestände nicht mehr ausreichen, um ihre Whisky mit Altersangabe zu verkaufen und so durch sogenannte No Age Statement-Whisky (NAS) ersetzt werden. Gleichzeitig produzieren die Destillerien sieben Tage in der Woche rund um die Uhr, um die Lager aufzufüllen und die zukünftige Nachfrage bedienen zu können". 



Suntory leistete Pionierarbeit für japanischen Whisky und ebnete den Weg für andere japanische Whiskymarken


Einer der unglücklichen Ausläufer der großen Nachfrage sind Hersteller, die versuchen, aus dem guten japanischen Namen Kapital zu schlagen. Das gelingt, da der Markt in Japan relativ unreguliert ist. „Nicht alle japanischen Whiskysorten sind japanisch. Es ist japanischen Unternehmen erlaubt, Whisky in großen Mengen zu importieren, in Japan abzufüllen, ein japanisches Etikett auf die Flasche zu kleben und den Inhalt als japanischen Whisky zu verkaufen. Es muss mehr Transparenz herrschen. Viele Whisky-Liebhaber sind sich dessen nicht bewusst und geben viel Geld für diese Flaschen aus, weil sie glauben, dass der Whisky in Japan destilliert und gereift ist.“   


Die Nachfrage stieg nicht zuletzt wegen der Preise die japanischer Whisky für sich gewinnen konnte. Einige Jahre später, 2015, verlieh ein einflussreicher Whisky-Schriftsteller dem Yamazaki-Sherry-Fass 2013 seine begehrte Auszeichnung „Whisky des Jahres". Der Rest ist Geschichte. Ein kleiner Schluck „Nikka From The Barrel“ lädt ein in eine berauschende Welt aus Eichenholz, Karamell und würzigem Duft. Er ist komplex und köstlich, und er entwickelt sich ständig weiter. 

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