Von Tom | 26. Mai 2020
In nur kurzer Zeit hat sich Ostasien zu einem der weltweiten Zentren für Whisky entwickelt. Japanischer Whisky ist in aller Munde, aber auch die Nachbarn haben sich inzwischen einen guten Namen gemacht. Entdecken Sie mit uns Taiwan, ein Land, das zwei Hauptproduzenten hervorgebracht hat, die unter Kennern heißbegehrt sind. Um mehr zu erfahren, haben wir uns mit dem Whisky-Experten Jeroen Koetsier zusammengesetzt.
Der taiwanesische Whisky schlug ein wie eine Bombe: „Die Whisky-Welt erinnert sich noch gut daran, als Kavalan – Taiwans größter Hersteller – sich zum ersten mal bei den Malt Maniac Awards 2011, 2012, 2013 anmeldete", sagt Jeroen. „Es war erstaunlich. Kavalan kam erst 2006 mit seinem Whisky auf den Markt und war somit mit vier bis sechs Jahre alten Single Malts vertreten. Dennoch konnten sie sich gegen führende Weltmarken durchsetzen“. Es war ein Weckruf für den Rest der Whisky-Welt und eine Demonstration der Stärke der taiwanesischen Herstellern. Aber Jeroen sagt, dass Taiwan eine durchaus lange Zeit an seinem Whisky gearbeitet hat und weltweit einer der größten Importeure von Scotch ist. „Die Verbraucher in Taiwan sind ziemlich erfahren wenn es um Whisky geht, nicht unähnlich wie in Japan. High-End-(Scotch-)Whiskys bekommt man bereits seit den 1980er Jahren. Man denke zum Beispiel an Springbank 1966 Local Barley".
Vor der Herstellung von Whisky, beschäftigte sich King Car vor allem mit Erfrischungsgetränken und Insektiziden
Neues Geschäftsfeld
Vielleicht noch bemerkenswerter ist, mit welcher Geschwindigkeit sich die taiwanischen Whiskyhersteller an die Spitze katapultiert haben. Vor allem, wenn man sich die Ursprünge einmal anguckt. Kavalan ist das beste Beispiel dafür. Dieser Whisky wurde von der King Car Group auf den Markt gebracht, einem Unternehmen, das eher für Insektizide und Dosenkaffee bekannt ist und nicht für ihre edle Tropfen. Aber durch die große nationale Bekanntheit und dem guten Ruf für Lebensmittel und Getränke, hatte die Gruppe einen großen Vorsprung gegenüber anderen aufstrebenden Whiskyproduzenten. In dem Wissen, dass Taiwan keine echte Whisky-Tradition besitzt, versuchte das Unternehmen von den Besten zu lernen. Um den neuen Markt zu erschließen, besorgte man sich Destillateure aus Schottland und Fässer aus Europa und den USA – Fachwissen aus Ländern, die ihre Whisky-Techniken über Generationen perfektioniert haben. All die Mühen wurden mit Erfolg belohnt. Das Unternehmen konnte bei den World Whiskies Awards einige Preise für sich verbuchen, darunter „der beste Single-Malt-Whisky der Welt". So wurde der Kavalan zu einem Tropfen, den man probiert haben muss.
Geschichte des Ursprungslandes
Aber eine erfolgreiche Whiskymarke ist auch stark von der Geschichte ihres Produkts abhängig. Für gewöhnlich appellieren die Hersteller an den Sinn für Tradition und Familiensinn unter ihren Kunden. Auch Kavalan hat das erkannt. Die Marke verdankt ihren Namen dem indigenen Volk der Kavalan, das vor Jahrhunderten die Kabalan-Ebene im Bezirk Yilan bewohnte. Heute hat Kavalan dort seine Destillerie und betont die enge Verbindung zu Taiwan wo immer es geht. Frühe Flaschen des Whiskys hatten sogar noch die Form des höchsten Gebäudes Taiwans - Taipei 101.
Kavalans Destillerie befindet sich in der von Kanälen durchzogenen Yilan-Ebene
Die Klimafrage
Der Einstieg in die Whisky-Szene war in mehrerlei Hinsicht eine Herausforderung. Nicht nur musste man die Welt von seinem unverwechselbaren Geschmack überzeugen, sondern auch beweisen, dass Whisky tatsächlich in Taiwan destilliert werden kann. Die idealen Bedingungen für die Single Malt-Produktion findet man vor allem in nördlichen Klimazonen, da er dadurch langsam altert und den subtilen Eichengeschmack aufnimmt, den Liebhaber von Single Malt Scotch so lieben. Doch die hohe Luftfeuchtigkeit und das wärmere Klima Taiwans, haben sie den Weg für eine neue Art von Single Malt geebnet: „Da Whisky in Taiwan schneller altert, bekommt er schneller den Geschmack eines reifen Whiskys. Einige der vier bis fünf Jahre alten, im Sherryfass gereiften Whiskys, sind genauso gut wie der beste 12-15 Jahre alte Macallan“, erklärt Jeroen.
Das warme Klima Taiwans führt dazu, dass der Whisky schneller reift und als solcher den Geschmack viel älterer Whiskys in kürzerer Zeit annimmt
Dieser Umstand stellt die Industrie, in der das Alter eines Tropfens mit Qualität gleichgesetzt wird, vor eine interessante Frage. Allerdings hat der Standort Taiwan nicht nur Vorteile. Durch das wärmere Klima drohen größere Mengen Whisky während der Lagerung zu verdampfen, was die Kosten potentiell steigen lässt, erklärt Jeroen. „Der Whiskymarkt hatte schon immer Höhen und Tiefen. Wenn die Nachfrage sinkt, kann es sein, dass die Brennereien mehrere Jahre lang auf ihren Beständen sitzen bleiben. Und wenn der Whisky schneller reift, erreicht er auch schneller seinen Höhepunkt. Bei der Bekämpfung dieses Problems ist ein gutes Fassmanagement unerlässlich".
Darauf sollte man achten
Dennoch muss man festhalten, dass der Aufstieg des taiwanesischen Whiskys vor allem in seinem besonderen Geschmack liegt. Kavalan und Omar sind die beiden größten Whisky-Produzenten (mit Holy Distillery als dritter, aber noch junger Marke) und haben unterschiedliche Geschmacksrichtungen zu bieten, so Jeroen. „Omar lässt sich vor allem mit Arran, Glenmorangie und Bruichladdich vergleichen. Das liegt daran, dass verschiedenste Fasstypen zum Einsatz kommen. Omar hat wahrscheinlich den ausgeprägtesten Geschmack und bei einer Blindverkostung würde er von der Mehrheit als ungerader Whisky erkannt. Bei Kavalan ist das anders. Bestimmte Bourbon sind fast so fruchtig wie der klassische Bowmore-Scotch, während einige ihrer besten Sherry einen Geschmack haben, auf den Speyside sehr, sehr stolz wäre".
In Taiwan gibt es drei große Whisky-Anbieter. Da der Markt boomt, werden in naher Zukunft aber sicherlich noch andere Hersteller auf den Markt strömen
Der taiwanesische Whisky schlägt große Wellen, hat aber auf dem heimischen Markt noch einiges vor sich. Viele Gelegenheitstrinker möchten sich lieber mit prestigeträchtigeren Whiskys brüsten und Tropfen aus Schottland und Irland servieren. Aber Kavalan plant, es, in Bezug auf die Produktionsgröße, mit Destillerien wie der weltberühmten The Glenlivet aufzunehmen, womit das Unternehmen zu einem der größten Single-Malt-Whisky-Produzenten der Welt werden würde. Ein Ziel, das sehr vielversprechend erscheint.
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