Interviews

Auch deutschem Wein sollte man Beachtung schenken - über die Qualität der deutschen Weinbranche

Von Tom | 25. August 2020


Zwischen den etablierten und renommierten Weinländern (darunter auch Österreich mit seiner geheimen Weinbaugeschichte) ist Deutschland eher unauffällig. Das soll sich gerade ändern, denn langsam aber sicher machen sich auch deutsche Weine auf dem europäischen Markt einen Namen und bietet außergewöhnliche rote, weiße und Dessertweine an. Der Weinexperte Daniel Elswood weiß mehr darüber.


Deutschland hat eine erstaunliche Weinbaugeschichte- warum ist er also weniger bekannt als seine europäischen Kollegen?


Die Herstellung von Weinen geht in Deutschland bis in die Römerzeit zurück, aber dennoch ist Deutschland international eher für seine Biere und das Deutsche Reinheitsgebot bekannt. Dass die Weine so unterrepräsentiert sind, ist natürlich mehr als schade: denn schließlich werden in Deutschland einige der hochwertigsten, interessantesten erlesenen Weine überhaupt hergestellt. Woran liegt es also? Vielleicht daran, dass die verwendeten Rebsorten von den traditionellen, internationalen Sorten abweichen.

Im Gegensatz zu dem engen Weinpartner Österreich, welcher seit Kurzem mehr dieser Sorten anbaut, arbeitet Deutschland hauptsächlich mit dem deutschen Riesling. Zweifellos der König der deutschen Rebsorten, aber auch ein Wein, der häufig (genau wie der Spätburgunder oder der deutsche Pinot Noir) unterbewertet wird. Der vielleicht prominenteste Grund, warum diese Weine oft übersehen werden, ist jedoch, die im Vergleich zum Rest der Welt, verwirrende Art der Bezeichnungen. 


Deutschland ist nach Frankreich und den Vereinigten Staaten weltweit der drittgrößte Produzent von Pinot Noir


Was heißt das genau? Wie unterscheiden sich die deutschen Bezeichnungen auf den Etiketten?



Es gibt viele verschiedene Qualitätsstufen und Ausdrücke, die dem Kunden den Inhalt beschreiben. Manchmal ist das selbst für versierte Weinliebhaber verwirrend. Es gibt jedoch einige Dinge zu beachten.

Alle Weine, die in Deutschland als trocken bezeichnet werden, entsprechen ungefähr dem Zuckergehalt eines Brut Champagner. Und auch die Bezeichnung Große Gewächse beschreibt trockene Weine und ist international sehr unüblich. Dann gibt es auch noch eine ganze Vielzahl anderer Bezeichnungen wie (von trocken nach süß): Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Eiswein, Trockenbeerenauslese, die langsam an Süße zunehmen, wobei die Trockenbeerenauslese den höchsten Zuckergehalt mit mindestens 154 g Zucker pro Liter aufweist.


In letzter Zeit hat das weltweite Interesse an den deutschen Weinregionen zugenommen. Warum werden sie immer beliebter?

 

Der Hauptgrund dürfte sein, dass sich der Riesling (neben dem Chardonnay) in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer der beliebtesten Weißweinsorten entwickelt hat. Und wie bereits erwähnt, ist Riesling seit jeher die wichtigste Rebsorte in Deutschland. Dort hat sich also eine gewisse Expertise entwickelt. Die kühleren Temperaturen und längeren Wachstumszyklen des Landes sind sehr günstig für die Herstellung. Riesling mag längere Wachstumszeiten und entwickelt so eine höhere Komplexität und Langlebigkeit. Zudem ist die Landschaft Deutschlands mit ihren steilen, oft schiefer- oder granithaltigen Böden ein Schlüssel für die Erzeugung äußerst aufregender und komplexer Weine, die Liebhaber natürlich sehr zu schätzen wissen.


Riesling ist Deutschlands wichtigster Wein und auch der beliebteste

Es gibt auch Verwaltungsgremien für die Weinqualität wie den VDP (Verband Deutscher Prädikatsweingüter) - der insgesamt rund 200 Weingüter umfasst, von denen viele zu den besten Erzeugern des Landes gehören. Um Mitglied des Verbands zu werden, müssen die Hersteller klare Vorgaben einhalten, was die innerdeutsche Klassifizierung der Qualitätsweine erheblich vereinfacht hat.


Hat der Klimawandel, also ein zunehmend wärmeres Wetter, einen Einfluss auf die Weine?


Es stimmt, dass sich die wärmeren Temperaturen der letzten 20 Jahre in vielen Regionen des Landes bemerkbar gemacht haben. Ich habe kürzlich mit einem der anerkanntesten Winzer in Deutschland gesprochen, der erklärte, dass er in der Vergangenheit alle zwei Jahre Eiswein (ein Dessertwein, der aus an der Rebe gefrorenen Trauben hergestellt wird) produzierte, inzwischen aber immer seltener. 


Andersherum gab es, als Folge der wärmeren Temperaturen, in den letzten 20 Jahren auch weniger schlechte Jahrgänge. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie z.B. die Ernte 2003, aber die wärmeren Temperaturen führen im Allgemeinen dazu, dass die Trauben schneller die notwendige Reife für einen höheren Alkohol- und Restzuckergehalt erreichen.

Auf welche Weine bzw. auf welche Regionen sollte man besonders achten?


Unter Rotweinen ist der Spätburgunder die wichtigste rote Rebsorte und immer ein Gläschen wert. Deutschland ist der drittgrößte Produzent von Pinot Noir/Spätburgunder in der Welt (nach Frankreich und den USA) und die Qualität hat sich in den letzten drei Jahrzehnten massiv verbessert (auch aufgrund der höheren Temperaturen). Aber es werden auch immer mehr internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Malbec, Syrah oder Cabernet Franc angebaut.



Ein Gläschen Rotwein? Dann gerne einen Spätburgunder. Lieber Weißwein? Dann testen Sie Riesling,
Rieslaner oder Gewürtraminer.

Die Hauptregionen für Riesling sind Mosel-Saar-Ruwer, Rheingau, Nahe, Rheinhessen, Pfalz und Franken. Weitere bemerkenswerte weiße Rebsorten sind der Rieslaner, eine Kreuzung zwischen Riesling und Silvaner, der Gewürtraminer und sogar der Sauvignon Blanc, der in den letzten Jahren immer besser geworden ist.


Wer sind die deutschen Produzenten, die man unbedingt auf dem Schirm haben sollte?


Die meisten deutschen Spitzenproduzenten sind Mitglied im VDP. Damit bekommt man schonmal einen guten Überblick. Es gibt die traditionellen Riesling-Klassiker wie Egon Müller, Joh. Jos. Prüm, Robert Weil, Schloss Johannisberg und in jüngerer Zeit Klaus Peter Keller mit seinem trockenen Riesling. Aber auch weniger bekannte Namen wie Reichsgraf von Kesselstatt, August Kesseler, Christmann, St. Antony, Dr. Heger, Knipser, von Winning, Wittmann oder Julian Haart, sind bereits zu Klassikern geworden oder auf dem Weg dorthin.



Halten Sie beim Spätburgunder Ausschau nach Namen wie Friedrich Becker, Rudolf Fürst, Balthasar Ress, Franz Keller Meyer-Näkel Knipser, Bernhard Huber, Jean Stodden oder Baltes, die allesamt zu den Besten Repräsentanten dieser Rebsorte gehören.


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