Branchentrends

Wie die Sammlerwelt damit umgeht, dass Kunstmessen zunehmend online aktiv sind

Von Tom | 19. November 2020


2020 ist das Jahr, in dem die ganze Welt zu Hause war und online wichtiger denn je wurde. Viele Betriebe passten sich relativ schnell an die neue Lage an, doch für die Veranstaltungsbranche hingegen war es nicht so einfach. In der Kunst und Sammlerwelt sind Messen ein wesentlicher Bestandteil. Sammler, Händler und Verkäufer kommen zusammen, tauschen sich aus und Handeln miteinander - plötzlich geht das nicht mehr. So war die Branche plötzlich gezwungen, sich an die neue Situation anzupassen und digitale Lösungen zu finden. Wir haben uns mit zwei Experten zusammengesetzt, um die neue Entwicklung zu besprechen: Cyrille Coiffet ist bei Catawiki für Kunst und Antiquitäten verantwortlich und Frank Pon leitet den Bereich Sammlerstücke. Wir fragten: schaffen es die Märkte aus der Krise?


Messen sind für die Kunstwelt enorm wichtig. Sie haben eine lange Tradition, sie sind Schaufenster für leidenschaftliche Kenner und Interessenten, und sie ermöglichen Unternehmern, neue Geschäftsbeziehungen zu knüpfen. „Messen waren schon immer wesentlicher Bestandteil der Kunstwelt”, erklärt Cyrille. „Neben den Abendverkäufen von Auktionshäusern sind es im Wesentlichen die jährlichen Kunstmessen, bei denen sich Geschmäcker formen und Trends definiert werden”. 


Im Bereich der zeitgenössischen Kunst sind Messen sogar von entscheidender Bedeutung: hier können Galerien die Werke ihrer Künstler außerhalb der eigenen Räumlichkeiten einem breiten Publikum zeigen. Durch die Pandemie bleibt diese Möglichkeit verschlossen. Räume, an denen Menschen physisch zusammen kamen, werden jetzt zu digitalen Räumen und es wird versucht, auch online ein ähnliches Erlebnis zu bieten. Eine Branche, die von vielen als langsam und wenig anpassungsfreudig gesehen wird, ist nun gezwungen, sich in kürzester Zeit an die neuen Anforderungen anzupassen. 



Kunstmessen sind für Galerien wichtig, um die Werke ihrer Künstler auszustellen und um Geschäftsbeziehungen aufzubauen

Die Kunstwelt wird von vielen als elitär und unzugänglich wahrgenommen, doch dieser Eindruck ändert sich gerade, da Galerien und Messen nun auch online auftreten und es keinerlei Zutrittsbarrieren mehr gibt. 


Catawiki hat dieses Jahr (2020) eine Umfrage in den Niederlanden durchgeführt. Demnach empfinden 53% der Befragten den Kunstsektor noch immer als elitär. Allerdings geben 38% auch an, dass die Branche seit der Pandemie zugänglicher geworden ist. Die junge Generation mischt sich stetig mehr unter die Gemeinde der Interessierten. 41% der Menschen aus der sogenannten Generation Z stimmen dem zu. Für diese Zielgruppe sind vor allem zeitgenössische Kunstformen wie die Street Art interessant. „Alle großen Kunstmessen sind inzwischen online vertreten. Einerseits, weil ihre Kundschaft das erwartet und andererseits natürlich, weil sie kommerzielle Unternehmen sind, die Lösungen finden müssen, um wirtschaftlich zu überleben.” 


Kunst- jetzt nur online


Der Umzug in den digitalen Bereich wirft die Frage auf, wie schnell sich der Sektor online etablieren und erfolgreich sein kann. „Messen, die nur noch online stattfinden, müssen sich ein komplett neues Konzept überlegen”, sagt Cyrille. „Neben dem Organisieren und Kuratieren wird jetzt wichtig, die Kunstwerke virtuell ansprechend zu präsentieren und den Kunden ein attraktives Online-Erlebnis zu bieten.”


Für viele, die mit den bisherigen Systematiken der Kunstwelt verwurzelt sind, bedeutet das zunächst das Ende der Veranstaltungen, wie sie immer waren - nämlich persönlich. „Die Unterschiede zwischen vorher und jetzt sind riesig. In den letzten Jahren wurde auf Kunstmessen immer wieder der menschliche, persönliche Kontakt als “Plus” gegenüber den Online-Angeboten propagiert. Alles, was es damals war, wird jetzt gerade neu erfunden.” 


Es ändern sich also sowohl die Art und Weise, wie eine Messe ausgetragen wird, als auch die Verkaufsargumente. Dazu kommt, dass sich die Kundschaft ändert. „Kunstmessen müssen sich auch an das neue Publikum anpassen, das sie online vorfinden. Dieses Publikum ist grundsätzlich jünger und weniger wohlhabend. Gleichzeitig ist es aufgeschlossen, neugierig und liebt Impulskäufe. Der Geschmack der neuen Online-Zielgruppe ist stark von den Werten ihrer Generation geprägt. Was gefällt, sind neue, aufstrebende Künstler, Street Art und generell alles, was mit Popkultur zu tun hat. Diese Genres waren bisher auf den Messen traditionell unterrepräsentiert.“ 


Der Markt für Sammlerstücke


Genauso wie die Kunstszene könnten auch andere Sammlergebiete, also Comics, Briefmarken und Spielzeug zum Beispiel, einen Übergang zu Online-Messen erleben. Auch in diesem Bereich hat Catawiki eine Umfrage durchgeführt. 54% der niederländischen Befragten glauben, dass Online-Marktplätze die beste Möglichkeit bieten, neue Sammlerstücke zu finden. Und die Gründe für den Ankauf: 37% der Niederländer an, dass das Wiederverkaufspotenzial einer der Hauptgründe für das Sammeln ist. Dem stimmt die Mehrheit der junge Zielgruppe, Millennials und Generation Z, zu. 


Für Sammler sind Messen eine Möglichkeit, mit ihrer Community in Kontakt zu treten

Messen, die lange Zeit dafür genutzt wurden, um eine Fangemeinde und neue Künstler aufzubauen, müssen jetzt den Spagat schaffen. Zum einen müssen sie jüngere Sammler ansprechen und dürfen gleichzeitig die älteren Sammler nicht verlieren. Frank Pon erklärt, warum er denkt, dass Catawiki gut aufgestellt ist, um diese Nachfrage zu befriedigen.


„Wir sind es gewohnt, digital zu sein. Obwohl es auch uns schmerzt, nicht von Angesicht zu Angesicht mit unserer Community in Kontakt treten zu können, können wir dies virtuell tun. Unsere Experten halten Vorträge, sind offen für Gespräche und beantworten alle Fragen zu Catawiki oder dem Markt im Allgemeinen. Zudem bewerten sie Lose, was vielen hilft, die nicht direkt zu Fachleuten in die Geschäfte gehen können. Und indem wir Kollaborationen mit den Messeveranstaltern eingehen und mit unseren Auktionen Werbung für sie machen, helfen wir ihnen, ihr Publikum in den Online-Bereich einzuladen. Letztlich liegt die Stärke unserer Plattform darin, dass wir den Kunst- und Sammlercommunities helfen können, online stattzufinden. Viele Verkäufer und Käufer, die bisher gezögert haben, sehen jetzt die großen Vorteile und verlieren damit etwas von ihren Vorurteilen gegenüber Online-Auktionen. Eine weitere Möglichkeit, wie Catawiki die Branche unterstützen kann, ist, dass wir auch Nischenthemen präsentieren können und mit unserer großen Anzahl von Experten und Partnern in der Lage sind, auch kleine Sammlungen schnell und genau zu bewerten.“


Die Zukunft der Messen


Große Messen haben bereits begonnen, Partnerschaften mit Online-Plattformen aufzubauen, um die wirtschaftlichen Schläge der Pandemie abzumildern und sich für die Zukunft zu rüsten. „Neben den führenden Innovatoren finden sich vor allem Kunstmessen, die sich für eine Art „Allianz“-Strategie entschieden haben“, erklärt Cyrille. „Im Jahr 2020 haben sich beispielsweise die Accessible Art Fair (Belgiens führende Messe für aufstrebende Künstler) und die "Puces du Design" (Frankreichs führende Messe für Vintage-Design, seit 2000) für eine Partnerschaft mit Catawiki entschieden, um kleine Versionen ihrer Messen online anzubieten.


Die gleiche Verschiebung sieht man auch bei anderen Sammlermärkten. „Die Londoner Stampex-Fair ist ein gutes Beispiel für die Anpassung großer Akteure. Sie waren in der Lage, die internationale Gemeinschaft in einem Online-Format über eine virtuelle Ausstellungshalle zusammenzubringen. Mehrere andere größere Messen folgen diesem Beispiel und stellen ihre Messen auf Online-Simulationsformate um. Andere behalten einen traditionelleren Ansatz bei und planen für künftige Veranstaltungen, hoffentlich unter besseren Umständen.“



Die Zukunft der Messen geht in beide Richtungen - sowohl online als auch offline


Wie die Messen langfristig auf diese Verschiebung reagieren werden, bleibt abzuwarten. Aber ein Hybridmodell scheint das wahrscheinlichste Szenario zu sein. 


„Kunstmessen werden wiederkommen. Für viele Galerien waren Messen der Ort, an dem sie den größten Teil ihres Umsatzes gemacht haben. Hier können die Galerien den Mangel an Fußgängerverkehr ausgleichen, den sie in den Stadtzentren haben“, sagt Cyrille. „Insofern werden Messen immer ein wesentlicher Bestandteil des Kunstmarktes bleiben. Was sich für Messen wahrscheinlich ändern wird, ist die Tatsache, dass sie systematisch virtuelle Doppelgänger erschaffen und ihren Service um die Kuratierung erweitern werden, um sicherzustellen, dass auch das Online-Publikum bedient werden kann.“


Bei der Frage, ob es gelingt, den Geist der Kunst und der Sammlerstücke aufrecht zu erhalten, ist Frank optimistisch. „Ich glaube, dass Menschen Gewohnheitstiere sind und der Wunsch nach menschlicher Verbundenheit wird sie, neben dem Spaß am Stöbern, immer wieder auf Messen treiben. Wir werden sehen, dass neue Innovationen in der Messe- und Veranstaltungsbranche die Online-Konzepte reifen lassen. Es wird also eine Mischung sein und Catawiki kann mit ihrem Engagement eine Vorreiterrolle einnehmen. Aber die Notwendigkeit, sich online zu bewegen, insbesondere in der Sammlergemeinde, ist klar. Wie immer gilt: Je traditioneller die Gemeinschaft, desto mehr Zeit wird sie benötigen, um sich anzupassen. Deshalb sind wir hier, um dabei zu helfen.“  


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