Was hat Spanien zu bieten: Prostitution und Fotografie? Eine der bekanntesten Sammlungen spanischer Nachkriegsfotografien ist Joan Coloms bemerkenswerte Studie über Prostituierte, die in Barcelona herumhängen. Sie wurde 1964 als Buch veröffentlicht.
Viele Jahre später haben wir die Fotoserie von Txema Salvans, die Prostitution in städtischen und ländlichen Gegenden am Straßenrand zeigt. Die Frauen stehen oder sitzen auf Plastikstühlen am Straßenrand, da ihre Hauptkundschaft Autofahrer sind. Die Frauen steigen in die Autos und was auch immer passieren muss, passiert dort. Der Stilunterschied zwischen diesen beiden Fotoserien ist deutlich. Coloms Arbeit zeigt körnige Momente in Schwarzweiß, während Txema Salvans 5/4-Zoll-Farbfotos von Landschaften mit einer isolierten Figur macht, die fast im Rahmen verborgen ist. Spanien ist eines der schönsten Länder Europas. Aber das spanische Fremdenverkehrsamt klopft nicht an Salvans Tür, um eine Lizenz für eines dieser Fotos zu erteilen, da die darauf dargestellte Stadtlandschaft kein schöner Anblick ist. Und doch ist sie für uns sofort erkennbar: Das Niemandsland zwischen Stadt und Land ist in diesen Fotos so gut dokumentiert. Diese seltsame und hässliche Mischung, so aufdringlich und so fruchtbar. So sehen wir nicht nur die Prostituierten in ihrer außergewöhnlichen Umgebung, sondern erfahren auch etwas über die zeitgenössische Stadtlandschaft. Auch ohne die Hauptdarsteller wäre dies eine beeindruckende Fotoserie.
Dies ist nicht Salvans erstes Buch. Er hat 2005 die schöne Schwarzweiß-Publikation „Nice to Meet You“ herausgegeben. Dieses neueste Buch enthält für mich jedoch eine ausgereiftere und vollständigere Bilderserie. Es ist sehr aufregend, diese neue Energie und Richtung zu sehen. Diese wunderbare Fotoserie von Salvans leistet einen sehr positiven Beitrag zu einem sich entwickelnden Trend.

Martin Parr