Andrea Modica - Catholic Girl - 2023

Meine Hoffnung für jeden jungen Fotostudenten ist, dass es einen Punkt gibt, an dem das Bedürfnis, die Arbeit zu machen, die Lust übertrifft, in der Schule gut abzuschneiden. Für mich geschah das ernsthaft, als ich 1984 in der Graduiertenschule war. Ich vergleiche diesen Moment mit einem ersten Kuss; man hat nur eine Chance, und mit etwas Glück wird sie nicht verschwendet.
Nach dem Gedenken an Garry Winogrand im März jenes Jahres und einem ungewöhnlichen Schneesturm in New York City an diesem warmen Frühlingstag fuhr ich mit der RR-U-Bahn nach Bay Ridge, Brooklyn, um meinen Highschool-Lehrer, den Künstler Len Bellinger, zu besuchen. Wie üblich hatte ich meine 8X10-Kamera und die Halter in einem Rucksack, das Stativ hing seitlich herunter. Als gewissenhafter Schüler nutzte ich die Gelegenheit, an meiner Alma Mater zu fotografieren, einer überwiegend italienisch-amerikanischen katholischen Mädchenschule. Sofort überkam mich ein Gefühl von Erkennung und Angst. In den folgenden Monaten kehrte ich immer wieder zurück, um Bilder zu machen, da ich intuitiv wusste, dass etwas Wichtiges auf mich wartete, um entdeckt zu werden. Nur wenige Jahre zuvor hatte ich innerhalb dieser Mauern mein Leben als Teenager verbracht, eine Zeit voller intensiver Freude und unbegreiflicher Trauer. Ohne Zögern sprang ich an jenem Frühlingstag vom Abgrund. Ich war verliebt.
Dieses Buch umfasst die Brooklyn-Arbeiten sowie Fotografien, die zu jener Zeit in zwei katholischen Mädchenschulen in New Haven entstanden sind. Alle Arbeiten wurden mit einer 8x10-Kamera aufgenommen und in Platin gedruckt, eine Praxis, die ich noch immer anwende. Offensichtlich ist der Einfluss von Fotografen, deren Werke ich verschlang, insbesondere August Sander und Diane Arbus. Die Samen meiner zukünftigen Projekte sind alle in diesem Buch enthalten. Mit den katholischen Mädchen begann ich eine obsessive lebenslange Arbeitsgewohnheit, die ich vielleicht niemandem wünschen würde, den ich schätze. Rückblickend auf diese vierzig Jahre glaube ich kaum, dass ich viel Wahl hatte. Ich bin allen sehr dankbar, die mich im Laufe der Jahrzehnte unterstützt haben, einschließlich der unglaublichen Mädchen, die 1984 großzügig ihre Zeit für Fotos zur Verfügung stellten.